Selbstzweifel im Büro: Wie das Impostor-Syndrom Mitarbeitende bremst und was HR tun kann

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Selbstzweifel Impostor Syndrom

Selbstzweifel im Büro: Wie das Impostor-Syndrom Mitarbeitende bremst und was HR tun kann

Montagmorgen im Meeting: Ein kompetenter Mitarbeiter sitzt still da und sagt nichts – er fürchtet, seine Idee könnte „nicht gut genug“ sein. Eine Kollegin lehnt eine wohlverdiente Beförderung ab, weil sie glaubt, den Anforderungen niemals gerecht zu werden. Und Ihr Top-Performer arbeitet nächtelang, um bloß keinen Fehler zu machen. Was alle drei eint? Sie kämpfen vermutlich mit Selbstzweifeln und dem Impostor-Syndrom. Dieses psychologische Phänomen – auf Deutsch auch „Hochstapler-Syndrom“ genannt – lässt fähige Menschen an sich zweifeln, als würden sie im eigenen Erfolg nur die Hauptrolle im falschen Film spielen. In diesem Artikel erfahren Sie, was dahintersteckt, wie es sich im Arbeitsalltag äußert und warum gerade HR-Verantwortliche gefragt sind, diesen inneren Saboteur zu erkennen und Mitarbeitende zu unterstützen.

Was ist das Impostor-Syndrom? (Und dass Sie nicht allein damit sind)

Das Impostor-Syndrom bezeichnet ein Muster chronischer Selbstzweifel: Betroffene glauben trotz objektiver Erfolge, nicht kompetent genug zu sein, und leben in ständiger Angst, als „Betrüger“ entlarvt zu werden. Erfolge schreiben sie äußeren Umständen wie Glück oder Zufall zu, nicht der eigenen Fähigkeit. Statt stolz zu sein, wartet innerlich die Sorge: „Wann merken die anderen, dass ich eigentlich nichts kann?“ Kein Wunder, dass dieses Phänomen verbreitet ist – Schätzungen zufolge erleben rund 70?% der Menschen irgendwann in ihrem Leben solche Hochstapler-Gefühle . Sogar brillante Köpfe kennen das: Albert Einstein etwa nannte sich kurz vor seinem Tod einen „unfreiwilligen Betrüger“ , weil er die hohe Anerkennung für übertrieben hielt. Mit anderen Worten: Selbst Vorzeige-Talente sind vor dem Impostor-Syndrom nicht gefeit – das kann jede*n treffen, vom Berufsanfänger bis zur Führungskraft, unabhängig von Erfolg oder Qualifikation .

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Damit wir uns richtig verstehen: Ein gewisses Maß an Selbstkritik ist gesund – es hält uns lernbereit und bodenständig. Doch beim Impostor-Syndrom kippt das ins Extreme. Betroffene fühlen sich permanent unterlegen und zweifeln ihre Berechtigung am eigenen Erfolg grundlegend an. Psychologinnen Pauline Clance und Suzanne Imes prägten den Begriff bereits 1978, als sie bemerkten, dass viele erfolgreiche Frauen sich heimlich für unfähig hielten . Heute wissen wir: Es betrifft Männer wie Frauen gleichermaßen . Es ist gewissermaßen das Gegenstück zum notorischen Dunning-Kruger-Effekt, bei dem Inkompetente ihre Fähigkeiten überschätzen – Impostor-Mitarbeitende sind oft hochkompetent, aber überzeugt, nichts zu können. Das Resultat? Eine stetige innere Anspannung und Angst, irgendwann „aufzufliegen“.

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Wie äußert sich das im Verhalten von Mitarbeitenden?

Wenn Mitarbeitende unter dem Impostor-Syndrom leiden, zeigt sich das in typischen Verhaltensmustern. Hier einige Anzeichen aus dem Arbeitsalltag:

  • Perfektionismus und Überarbeitung: Betroffene setzen sich unrealistisch hohe Maßstäbe und strengen sich übermäßig an . Sie wollen jeden noch so kleinen Fehler vermeiden, um bloß nicht als unfähig aufzufallen. Das führt oft zu langen Arbeitszeiten, Mikromanagement der eigenen Arbeit und chronischer Erschöpfung – ein Teufelskreis, der im Extremfall in Burnout enden kann .
  • Zurückhaltung bei Chancen: Mitarbeiter*innen mit Impostor-Gefühlen zögern, sich für Beförderungen oder neue Projekte aufstellen zu lassen. Aus Angst zu scheitern oder den Erwartungen nicht gerecht zu werden, lehnen sie Herausforderungen eher ab oder bleiben lieber in der Komfortzone . Ein vielversprechender Kollege könnte z.B. eine Führungsposition ausschlagen, weil er glaubt, anderen „nur etwas vorgemacht“ zu haben – ein echter Karrierekiller für die Person und Verlust fürs Unternehmen.
  • Geringschätzung eigener Erfolge: Selbst wenn die Leistung top ist, können diese Mitarbeitenden Lob nur schwer annehmen. Komplimente werden abgewiegelt („Ach, das war doch Glück“), die eigenen Beiträge kleingeredet . Erfolge werden eher dem Team, äußeren Umständen oder schlicht Glück zugeschrieben . Die Folge: Das Selbstvertrauen verbessert sich kaum, egal wie gut die Ergebnisse tatsächlich sind.
  • Mangelndes Vertrauen und Schweigen: Aus Angst, sich zu blamieren, halten sich Impostor-Typen in Meetings oder Diskussionen oft auffällig zurück . Sie stellen weniger Fragen und teilen seltener ihre Ideen mit, selbst wenn sie kompetent sind. Lieber still und „unsichtbar“ bleiben, als womöglich etwas Falsches zu sagen – so bleibt aber auch manch guter Vorschlag ungehört. Ironischerweise haben oft genau diese stillen Leute sehr wertvolle Inputs, während sich andere lauter (und nicht immer kompetenter) präsentieren.

Kurzum: Das Verhalten kann paradox wirken. Hochtalentierte Mitarbeitende treten auf die Bremse, zweifeln sich konstant selbst an und arbeiten sich dabei nicht selten ins Extreme. Für Kolleg*innen und Vorgesetzte ist das nicht immer leicht zu erkennen – nach außen wirkt der- oder diejenige vielleicht gewissenhaft und bescheiden. Doch intern tobt ein Kampf zwischen Leistung und Selbstzweifel.

Warum HR und Führungskräfte das etwas angeht

Man könnte meinen, Impostor-Syndrom sei „Privatsache“ der Mitarbeitenden – dem ist aber nicht so. HR-Verantwortliche und Führungskräfte sollten genau hinschauen, denn die Auswirkungen betreffen Team und Unternehmen direkt:

  • Verlorenes Potenzial: Wenn fähige Mitarbeiter*innen aus Selbstzweifeln ihr Licht unter den Scheffel stellen, bleiben Beiträge und Ideen ungenutzt. In Meetings schweigen sie trotz Expertise, wichtige Fragen werden nicht gestellt . Auch zögern sie, Verantwortung zu übernehmen oder Beförderungen anzunehmen. Das heißt, Talente entfalten sich nicht voll – im Worst Case wandern sie irgendwann frustriert ab oder der Betrieb übersieht interne Top-Kandidaten.
  • Leistungsabfall und Gesundheit: Dauernde Selbstzweifel erzeugen enormen Stress und Angst. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten mit Impostor-Erleben berichten von stark negativem Einfluss auf ihre psychische **Gesundheit am Arbeitsplatz? . Die Angst, als „unfähig“ aufzufliegen, kann so belastend werden, dass die Leistung tatsächlich nachlässt. Manche ziehen sich zurück und bemühen sich weniger, weil sie ohnehin überzeugt sind zu scheitern . Andere schuften bis zur Erschöpfung – was das Risiko für Burnout oder Depression erhöht . In beiden Fällen leidet am Ende auch die Performance und Einsatzbereitschaft im Team.
  • Teamdynamik und Entscheidungen: Impostor-betroffene Personen vermeiden oft das Rampenlicht, während selbstbewusstere (nicht immer kompetentere) Kolleg*innen den Ton angeben. Für Führungskräfte kann das ein verzerrtes Bild schaffen: Gute Leistungen werden unterschätzt, weil die Person sie selbst kleinredet, während Selbstdarsteller glänzen. Das kann zu Fehlentscheidungen führen, wenn z.B. in Projekten die lauteste Stimme gewinnt statt der besten Idee . Zudem entsteht im Team ein Ungleichgewicht – die einen arbeiten sich auf, fühlen sich aber trotzdem als Außenseiter, die anderen sonnen sich im Erfolg. Kein gesundes Klima!

Kurz gesagt: Ignorieren ist keine Option. Das Impostor-Syndrom kostet nicht nur Nerven, sondern unter Umständen auch Kreativität, Innovation und Bindung wertvoller Mitarbeiter. Für HR bedeutet das eine doppelte Verantwortung: zum einen die Fürsorgepflicht für die psychische Gesundheit der Belegschaft, zum anderen der betriebswirtschaftliche Aspekt, Talente zu halten und zu fördern. Eine Studie zeigte, dass fast die Hälfte der Befragten das Impostor-Gefühl als eine der größten Hürden für ihre Karriere sieht – aus Angst würden Chancen gar nicht erst ergriffen . Hier sind also Arbeitgeber gefragt, bevor fähige Leute frustriert das Handtuch werfen oder innerlich kündigen.

Was HR konkret tun kann: Mitarbeitende erkennen und unterstützen

Zum Glück ist das Impostor-Syndrom kein Schicksal, dem HR tatenlos zusehen muss. Personalverantwortliche können einiges tun, um betroffene Mitarbeitende zu erkennen und ihnen den Rücken zu stärken. Einige konkrete Impulse für die Praxis:

  • Offen über Selbstzweifel sprechen: Schaffen Sie ein Klima, in dem das Thema kein Tabu ist. Oft hilft es schon, dem Kind einen Namen zu geben: Wenn Mitarbeitende wissen, was das Impostor-Syndrom ist, merken sie, dass sie nicht alleine sind. Ermuntern Sie Führungskräfte, auch mal eigene frühe Karriere-Selbstzweifel zu teilen – das macht Mut. Ein sicherer Raum für solche Gespräche (z.B. in Feedbackrunden oder Workshops) ist meist der erste Schritt, um die inneren Kritiker zu entmystifizieren .
  • Fehlerkultur und Lernfokus etablieren: Niemand ist perfekt, und das soll im Unternehmen auch gelebt werden dürfen. Fördern Sie eine positive Fehlerkultur, in der aus Patzern gelernt statt nach Schuldigen gesucht wird. Wenn Mitarbeitende weniger Angst vor negativen Konsequenzen haben, trauen sie sich eher, Neues auszuprobieren. Wichtig ist auch, Leistung nicht nur an harten Ergebnissen zu messen, sondern den Weg dorthin zu würdigen – also Einsatz, Wachstum und Lernbereitschaft . So signalisieren Sie: Entwicklung ist erwünscht, und niemand muss already-know-it-all sein.
  • Realistische Erwartungen und Work-Life-Balance: Achten Sie darauf, Überarbeitung nicht zum Heldenstatus zu erheben. Wenn in der Firma diejenigen gefeiert werden, die 24/7 schuften, fühlen sich Impostor-Betroffene erst recht verpflichtet, immer eine Schippe draufzulegen. Setzen Sie daher realistische Maßstäbe und schützen Sie Ihre Mitarbeitenden vor Selbstüberforderung. Überstunden sollten die Ausnahme bleiben und nicht als Tugend glorifiziert werden . Indem die Arbeit fair verteilt und Pausen sowie Urlaub respektiert werden, zeigen Sie: Gesundheit und Nachhaltigkeit gehen vor Perfektion um jeden Preis.
  • Regelmäßiges Feedback und Anerkennung: Sorgen Sie für eine Kultur des Lobs und der Wertschätzung. Gerade wer an sich zweifelt, braucht gelegentlich die Rückmeldung, dass die geleistete Arbeit gut und wichtig ist. Hier können Führungskräfte viel bewirken, indem sie Erfolge sichtbar machen und Kompimente gezielt aussprechen – am besten konkret („Deine Analyse letztes Quartal hat dem Team echt weitergeholfen!“). Solches positives Feedback stärkt das Selbstwertgefühl und mindert Unsicherheiten . Wichtig: Feedback sollte ehrlich und spezifisch sein, damit es glaubwürdig ist und die Person ihren Anteil am Erfolg erkennen kann.
  • Mentoring und Weiterbildung anbieten: HR kann Programme aufsetzen, die unsicheren Talenten Rückhalt geben. Ein Mentoring-Programm etwa ermöglicht den Austausch mit erfahrenen Kolleg*innen, die ihre Perspektive teilen und beim Relativieren von Selbstzweifeln helfen. Auch Coaching oder Workshops (etwa zu Resilienz, Selbstbewusstsein oder Umgang mit dem inneren Kritiker) können Betroffenen Tools an die Hand geben. Ebenso fördert eine Kultur des lebenslangen Lernens das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten – wer kontinuierlich dazulernen darf, merkt, dass Entwicklung normal ist und Fehler Teil des Prozesses sind .

Diese Ansätze helfen nicht nur den Einzelnen, sondern der gesamten Organisation. Eine Mitarbeiterin, der/die vom Impostor-Syndrom geplagt ist, wird durch Unterstützung nicht plötzlich arrogant, sondern endlich ausgeglichener und mutiger in seinem/ihrem Handeln. Indem HR und Führungskräfte solch ein unterstützendes Umfeld schaffen, gewinnen alle: Talente können ihr volles Potenzial zeigen, Teams profitieren von mehr offenen Ideen und gesünderer Zusammenarbeit, und das Unternehmen behält engagierte, leistungsfähige Menschen an Bord. Mit anderen Worten: Wenn wir Selbstzweifeln den Schrecken nehmen, verwandeln wir sie von einem heimlichen Karrierekiller in einen Motor für persönliches Wachstum – eine echte Win-Win-Situation für Mitarbeiterseele und Unternehmenserfolg.


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